• Neben Asanas, d.h. der intensiven Körperarbeit mit den Yogahaltungen, gehörte vor allem intensiver und sehr lehrreicher Philosophie Unterricht vom bereits erwähnten Lehrer Vijeth zum täglichen Programm. Ich freute mich auf jede seiner Stunden, denn er unterrichtete das Thema so lebendig, mit vielen philosophischen Geschichten und sang uns das Yogasutra in jeder Stunde vor. 

    Das Yogasutra ist quasi die Bibel des Yoga und Grundlage der Lehre. 

    Die Yoga-Sutren beschreiben den achtgliedrigen Yoga-Pfad

    1. Yamas (fünf Enthaltungen: Ahimsa, die Gewaltlosigkeit, Satya, die Wahrhaftigkeit, Asteya, Nichtstehlen, Brahmacharya, die Mässigung, Aparigraha, das Nicht-Anhaften) 

    2. Niyamas (fünf ethische Regeln: Shauca, die Reinheit, Santosha, die Zufriedenheit, Tapas, die Beherrschung, Svadhyaya, die Selbsterforschung, Ishvara Pranidhana, die Hingabe an Gott)

    3. Asanas (die Körperhaltungen)

    4. Pranayama (die Atemkontrolle)

    5. Pratyahara (das Zurückziehen der Sinne)

    6. Dharana (die Konzentration)

    7. Dhyana (die Meditation)

    8. Samadhi (die meditative Versenkung) 

    Der Unterricht von Vijeth war ein Erlebnis, wo wir nicht selten am Ende der Stunde Tränen in den Augen hatten.  

    ArunJi (Ji steht in Sanskrit für Lehrerin) war unsere Anatomie, Methodologie und Meditationslehrerin. Sie half uns die anstrengende Asana-Praxis mit Mimi geistig zu verarbeiten. Wir lernten, wie der Körper aufgebaut ist, seine Funktionsweisen inklusive Muskelgruppen im Detail. Ich fühlte mich in meinen Biologie Unterricht zurück versetzt. ArunJi, selbst Inderin und Ärztin, verstand es  auf anschauliche und unterhaltsame Weise, die Unterrichtsinhalte zu vermitteln. 

    Vor dem Abendessen, nach unserer letzten zweistündigen Asanaklasse standen täglich ihre Meditationen auf dem Stundenplan, sie sind einfach nur super heilsam und entspannend. Ich könnte noch einige Stunden von ihr schwärmen… aber lieber ein Bild von ihr und mir am Rande des Himalayas:

    Weiterhin haben wir mit ArunJi und den anderen Lehrern viel wirklich viel und bewusst geatmet, also die Pranayama Praxis kennengelernt und geübt, jeden Tag bestimmt eine halbe Stunde Mantren gesungen und einfach sehr bewusst gelebt. 

    Das Rishikesh Yogpeeth Sansthan Team hat sich so grosse Mühe gegeben, dass es uns rundrum gut ging. Das Essen war super liebevoll zubereitet, komplett vegan, mit leckeren Desserts. Sie organisierten Ausflüge für unsere freien Sonntage, um uns die Umgebung zu zeigen. Wir sind sogar mal 2 Tage in die Berge gefahren und haben spontan am Fluss eine Yogastunde praktiziert. 

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  • Rishikesh hat viel zu bieten

    Rishikesh ist so besonders, hier laufen die heiligen Kühe auf der Strasse rum, Gehwege gibt es eh keine, Affen fauchen mich an, Menschen waschen sich im heiligen Fluss Ganges und singen Mantras auf der Strasse. Was für ein glücklicher Zufall, dass gerade jetzt das Internationale Yogafestival stattfindet und dann noch das Holy Festival, nichts von all dem wusste ich oder hatte ich geplant, als ich meinen vierwöchigen Unterricht in der Yogaschule Rishikesh YogSansthan buchte. Total verrückt! Rishikesh liegt absolut idyllisch am Fusse des Himalaya. Anders als bei all meinen anderen Reisen (wo es darum ging viel zu sehen und zu erleben), hatte ich mich diesmal nur auf die Auswahl einer guten Schule konzentriert. Nach kurzem Kulturschock, ich wohne über einem Kuhstall, jagt ein Event und eine Überraschung die nächste! Jeder Tag ist einfach nur gefüllt von Freude und Glückseeligkeit.

    Rishikesh überzeugt mit einer wunderschönen Landschaft am Ufer des Ganges, es gibt sogar Sandstrände, ich geniesse auf meinen Mittagsspaziergängen die meist klare Luft und beobachte die Yogis, die an einem der Strandabschnitte regelmässig Acroyoga praktizieren und sich zum Musizieren und Mantra singen treffen.

    Das internationale Yogafestival in Rishikesh

    Zum Zeitpunkt meiner Ankunft in Rishikesh, lag bereits ein Jahr Weltreise hinter mir, ich war gesättigt vom Reisen und wollte mich komplett aufs Yoga konzentrieren und doch bekam ich so viel mehr geboten. Am Internationalen Yoga Festival wartete ich eine Stunde zwischen tausenden von Indern (die ihre Kekse mit mir teilten) auf den Dalai Lama, doch er liess sich entschuldigen. Die Atmosphäre war dennoch unvergleichlich. Zum Internationalen Yoga Festival, das jährlich in Rishikesh stattfindet, will ich unbedingt einmal zurück kommen, denn durch meinen eigenen Unterricht konnte ich es nicht besuchen.

    Der Beatles Ashram

    Dafür hatte ich Zeit an einem Wochenende den berühmten Beatles Ashram zu besichtigen. Im Swarg Ashram komponierten die Beatles 1968 Musik, meditierten und lebten wie Yogis. Es entstand das „White Album“. Nun war es auch noch das 50jährige Jubiläum, was gerade mit einer Ausstellung gefeiert wurde. Es ist ein verlassener, leider ziemlich verfallener Ashram, doch strahlt er immernoch den Flair von damals aus und ich stelle mir vor, wie es war, als hier noch hunderte Yogis praktizierten.

    Das Holyfestival live erleben

    Das Holyfestival überraschte alle von uns. Plötzlich hiess es, wir haben den Tag frei und werden mit bunten Farben spielen. Ich kannte das bislang nur von Festivalbildern aus der Heimat und hatte Bedenken wegen dem Farbstaub in meinen gelaserten Augen. Hier war ich nun Feuer und Flamme! Originaler konnte ich es nicht erleben. Es wurden grosse Teller mit dem Farbpulver vorbereitet, wir zogen uns alte Sachen an und los ging es auf dem Dach der Schule, da es draussen in der Öffentlichkeit wohl zu Übergriffen kommen konnte. Wir beschmissen uns gegenseitig mit Farbe, als später Wasserbomben hinzu kamen, wurde es eine richtige Farbschlacht. Was soll das ganze? Die Inder feiern einfach ihre Farben. Bei lauter Musik tanzten wir ausgelassen auf unserem kleinen Yoga-Ashram und verloren ganz nüchtern alle Hemmungen. Es war wunderschön. Ab 14 Uhr durften wir auf die Strasse, dann sei es relativ sicher. Also gingen wir frischgeduscht am Nachmittag zum Ganges, wo uns die Kinder immernoch mit Farben beworfen. Eigentlich ist Nachmittags das Fest vorüber und die Privatsphäre wird wieder respektiert. Aber Kinder haben einfach Spass daran, vor allem helle Menschen bunt zu sehen!

    Arati, die Lichterzeremonie

    An einem meiner letzten Abende in Rishikesh besuchte ich eine grosse Lichterzeremonie am Ganges, einen sogenannten Arati. Es waren wenige Touristen da und als das Feuer zum Schluss der Zeremonie direkt zu mir kam und ich mir das Licht und die Wärme überstreifte, trieb es mir direkt die Tränen in die Augen. Man sagt es symbolisiert das Reinigen des Geistes, das Aufnehmen von Licht und Wärme und die Erweckung des dritten Auges.

    Die Zeit in Indien war eine einmalige Erfahrung.

    Aber zurück zum Inhalt des Teacher-Trainings….: siehe Teil 3

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  • Ankommen in Rishikesh

    Nun war es soweit, ich hatte mich endlich für eine Yogaschule in Rishikesh entschieden. Aber zuerst: Warum Rishikesh? Ganz einfach, es ist die Geburtsstadt des Yoga in Indien und ist nicht subtropisch heiss, wie all die anderen Ort, an denen im Februar / März Blockausbildungen angeboten werden. Ich kannte die Hitze von Zentralamerika und Asien im März von meinen Reisen nur zu gut und wusste, dass ich damit nicht klar komme! Vor allem nicht, wenn ich körperliche und geistige Höchstleistungen bringen muss und ja das muss man bei einem Yogateacher Training (auch in Indien!). Ich entschied mich also für die Schule Rishikesh Yog Sansthan, weil ein Freund dort einen Lehrer so toll fand. Der Lehrer heisst Vijeth, ist Philosophie Lehrer und wirklich einfach grosse klasse! Aber dazu später.

    So ein 200-stündiges Yogateacher Training dauert vier Wochen, wenn man es am Stück absolviert. Worauf ich mich da einlasse, dass ich vier Wochen in Indien leben würde und wie das alles wird, habe ich mir vorher nicht genau überlegt, obwohl ich sonst sehr durchdacht bin!

    Mein Flug ging direkt über New Delhi nach Dehradun, wo ich von einem Mitarbeiter der Schule abgeholt wurde. Er telefonierte die lange Fahrt über und ich bekam an der ein oder anderen Kreuzung fast einen Herzstillstand, aber irgendwie ging immer alles gut. Ich kannte die Fahrweise aus Sri Lanka und versuchte nicht so beeindruckt zu wirken. Ich sass vorn!

    Angekommen in der Schule, begrüsste mich ein weiterer Mitarbeiter und zeigte mir mein, offenbar soeben fertig gestelltes, Zimmer. Ein Bett, ein Schrank, ein kleines Bad (Indian Style). Alles roch frisch gestrichen. Dass bislang nur zwei Zimmer in der Schule fertig gestellt sind, erfuhr ich erst später, als ich mich auf dem Dach der Schule, erkundigte, wo die anderen Schüler sind. Das Dach war eine komplette Baustelle und man meinte, bis übermorgen, wenn der Unterricht beginnt, sei alles fertig. Ich staunte und zweifelte eine Weile, überhaupt in der richtigen Schule gelandet zu sein. Die Homepage hatte grasgrünes Plateau mit Aussicht in die Bergwelt gezeigt. Hier sah ich nur Rishikesh Stadt. Man erklärte mir, das wäre eine neue Location für Retreats. Ich konnte nichts tun und lernte sogleich meine erste Yoga-Lektion: Nimm die Dinge wie sie kommen, du kannst sie eh nicht ändern. Annehmen!

    Ich nahm meine ersten Mahlzeiten auf dem Boden sitzend, mit den Fingern essend und vor dem Essen betend, zu mir, mit meiner zukünftigen Anatomie und Methodologie-Lehrerin Amu und einem Schüler aus der vorherigen Runde. Der strahlte eine extreme Ruhe, Achtsamkeit und Weisheit aus. Ich staunte: würde ich auch so sein in vier Wochen? Amu verstand ich kaum, muss mich wohl erst an das indische Englisch gewöhnen. Im Job schrieb ich den Indern nur noch Mails, weil das dort auch so war.

    Eingewöhnen in Rishikesh

    Nach und nach kamen die anderen Yogalehrlinge, sie waren aus Bulgarien, Ungarn, England, U.S.A., eine Russin, die in Korea lebt, Thailand, Ukraine, eine Griechin, die es nicht länger in Bangladesh aushielt und sogar eine Inderin. Wir waren nur 11 Teilnehmer, das war eines meiner wichtigsten Selektionskriterien für die Schule: nicht zu viele Teilnehmer! Ich wollte lieber im kleinen Kreis lernen und nicht in einer Masse! Es waren sogar zwei Männer dabei! Am Tag vor dem Start hatte ich noch etwas Zeit Rishikesh unsicher zu machen, es ist erstmal ein kleiner Kulturschock, aber irgendwie auf eine schöne Art. Alles ist so farbenfroh und freundlich, überall läuft laute Musik und es wird viel Ramsch verkauft. Aber das Beste, die Stadt ist einfach nur YOGA! Alle reden von Yoga, alle üben Yoga, alle ernähren sich gesund, Rishikesh ist frei von Fleisch, Alkohol und Tabak, überall dudelt Yogamusik. Ich war hin und weg! Die Wege von der Schule ins Stadtzentrum waren recht lang, ca. 2 km zu Fuss. Das wäre nicht schlimm, nur fehlte später die Zeit diesen Weg öfters zu gehen.

    Yoga teacher Training – Asana Stunden

    Mimi unsere amerikanische Asana (Körperübungen) Lehrerin stellt sich mit den Worten vor: I am a military child…. den militärischen Drill hat sie vor allem in der ersten Woche an uns ausgelebt. Sie meinte, wir müssten stärker werden, vor allem in der Körpermitte! Wir praktizierten jeden Tag 3 Stunden Asanas und das für vier Wochen! In der ersten Woche waren es sehr einfache Übungen, die jede Woche schwieriger wurden. Am zweiten Tag fingen wir direkt an zu unterrichten. Sie meinte, je früher, desto besser! Hier kam mir definitiv meine Aerobictrainer Ausbildung zu gute und die vielen Bauch-Beine-Po Stunden, die ich in den Dresdner Fitness Studios gab. Aber Mimis Asana Stunden beinhalteten auch chanting, so sangen wir den Sonnengruss jeden Tag gefühlte 100 mal. Ausserdem praktizierten wir lange Pranayama (Atemübungen) Sessions, die mich mit einer kommenden Erkältung zunehmend störten. Und bald schon standen wir Kopf.

    Wie es weiter geht liest du in Teil 2…

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